Dienstag, 11. März 2008

Nachträge

Endlich habe ich wieder uneingeschränkten Internetzugang! Ich werde daher in den nächsten Wochen einige Nachträge und Fotos in den Blog einfügen. Damit das ganze zeitlich stimmig bleibt, werde ich sie zurückdatieren und in diesem Eintrag hinterlegen was jeweils neu dazu gekommen ist. Regelmässige Leser sollten so recht schnell die Passagen finden, die sie noch nicht kennen. Für einen blog mag das ein sehr ungewöhnliches Vorgehen sein, das jedoch seine Rechtfertigung darin findet, dass ich auf Malta nicht regelmässig schreiben konnte und ich von einigen Personen weiss, dass sie unverdrossen darauf hoffen, noch die ganze Geschichte zu bekommen ;-)

An dieser Stelle möchte ich auch ein herzliches Dankeschön an die lieben Menschen senden, die in der langen Zeit mit mir mitgefiebert und mir die Daumen gedrückt haben. Euer Feedback war mir sehr wertvoll! Aus Deutschland waren dies insbesondere: Meine Eltern, mein Großvater, Elfriede, Sabine, Frank sowie Arndt, Veronika und Charles aus dem Malta-Forum. Euch und allen anderen anonymen Lesern wünsche ich viel Spaß beim Weiterlesen.

Nachtrag vom:
Montag, 10.03.: Wahlkampf (gepostet für den 06.03.)

Montag, 10. März 2008

Home sweet Home

Seit gestern Abend um acht bin ich wieder zu Hause! OK, nach dem letzten Eintrag kommt das jetzt etwas abrupt, aber irgendwann muss man ja weiterschreiben.

Die letzten drei Wochen waren wunderschön, aber auch arbeitsreich, so dass ich mir nicht mehr die Zeit genommen habe, ins Internetcafé zu gehen. Fred hat sich wirklich alle Mühe gegeben, die versäumte Woche nachzuholen und uns täglich mit Unmengen an Hausaufgaben versorgt. Nun denn, eigentlich wollten wir es ja auch nicht anders. Da Maria, meine Weggefährtin der ersten 6 Wochen, am 16.02. abgereist war, hatte ich nicht mehr wirklich viel Gesellschaft. Insofern passte der Arbeitsanstieg ganz gut.

Am 07./08.03. hatten wir dann unser Examen. Davon werde ich später noch berichten. Jetzt heisst es erst einmal: ZU HAUSE!

Mein erster banger Blick galt meinem Badezimmer. Mein Vermieter wollte es in meiner Abwesenheit komplett renovieren und ich hatte lediglich in Erfahrung bringen können, dass Ende Januar nur noch die nackten Wände standen... Nun, es wurde eine angenehme Überraschung: Super modern, super geschmackvoll und einfach klasse (wie ich heute erfahren habe, hat seine Frau beim Aussuchen geholfen - das erklärt einiges!).

Danach habe ich die RUHE genossen. Das wurde mir eigentlich erst heute morgen richtig bewusst. Ich lebe in einem Vorort von Frankfurt in einem recht ruhigen Eckchen. Zwar hört man von der Ferne die Autobahn rauschen, aber gegen den Stadtlärm in Sliema ist das gar nichts. Heute morgen haben mich die Vögel mit ihrem Gesang geweckt. Den hatte ich zwar auch auf Malta (sogar noch schöner), aber geweckt wurde ich dort meistens durch irgendein Lieferantenfahrzeug und lautes Kisten- und Flaschengeklirr.

Da mein Auto erwartungsgemäß nicht ansprang, habe ich die U-Bahn zur Arbeit genommen. Auch auf den Straßen war es herrlich leise und nirgends gab es laute, hohe, sich überschlagende Stimmen (auf Malta kreischen sogar einige Männer wie Waschweiber) und wilde Gesten.

Als ich auf die Bahn warten musste, fiel mein Blick auf weite, zartgrüne Felder und ich dachte nur: Auf Malta wäre hinter dem Hügel schon das Meer. Nur das es auf Malta eben keine weiten, zartgrünen Felder gibt. In dem Moment wurde mir bewusst, wie schön Deutschland eigentlich ist.

Donnerstag, 6. März 2008

Wahlkampf

[Nachtrag, geschrieben am 10.03.] Heute war ich nochmal in Valletta und als ich abends mit dem Bus nach Hause fahren wollte, habe ich gesehen (es war auch nicht zu überhören ;-)), dass in Floriana nochmal Wahlkampfparty war. Inzwischen doch neugierig geworden, habe ich mich unters Volk gemischt. Die Stimmung war genial, ähnlich wie zur WM 2006. Ich habe mal versucht, sie für Euch einzufangen (Man beachte besonders den Fahnenschwinger auf der Laterne im Hintergrund):




Wie Insider an den Flaggen erkennen können, handelte es sich um eine Party der Partit Nazzjonalista. Da zwei Wochen zuvor eine ähnliche, aber nicht halb so lustig aussehende Party der Partit Laburista in Sliema stattgefunden hatte, habe ich ein paar Leute gefragt, wo die Unterschiede im Parteiprogramm zwischen diesen beiden einzig bedeutenden Parteien Maltas liegen. Es war eine schöne Möglichkeit für mein englisches Sprech- und Hörverständnis, aber inhaltlich hat es mich nicht wirklich weitergebracht. Kernaussage der von mir angesprochenen Leute war: "Malteser suchen immer nach einer Ausrede, um feiern zu können. Der Wahlkampf ist dazu super geeignet." Spannend fand ich auch, dass unheimlich viele Kinder mitgefeiert und mitgesungen haben. Das passt allerdings zu der vorgenannten Aussage ;-)

Was man auf dem Video nicht erkennen kann ist, dass rund um den Festplatz unheimlich viele Stände angeordnet waren, an denen man Essen, Trinken und Propagandamaterial kaufen konnte. Letzteres bestand aus Fahnen, Musk-CDs und bedruckten T-Shirts. Die T-Shirts gab es sogar in Kindrgrößen und ich habe nicht wenige Eltern gesehen, die sogar schon ihre Sprösslinge im Kindergartenalter damit ausgestattet haben. Flyer, wie man sie aus Deutschland kennt, habe ich überhaupt nicht gesehen.

Also wieder einmal: Andere Länder - andere Sitten.

Donnerstag, 21. Februar 2008

Die sechste Woche

Normalerweise spricht man ja vom verflixten siebten Jahr, aber in meinem Fall war es eine verflixte sechste Woche. Man hatte mir ja schon im Vorfeld prognostiziert, dass ich vermutlich irgendwann einen Hotel- oder gar Inselkoller bekommen wuerde et voila - er kam, zwar spaeter als gedacht aber kaum weniger heftig. Aller Unkerei zum Trotz kann ich jedoch vermelden, dass er nur eine Woche andauerte und demzufolge fast so schnell vorbeizog wie unsere juengste Unwetterfront, die uns genau in dieser Woche Regen, Starkwind und einen Kaelteeinbruch bescherte.

Es begann am Montag nach unserem "Kurzurlaub". Ich kam frohgemut ins Klassenzimer, um Marys Berichten aus England zu lauschen und sah nur das lange Gesicht von Alexia, die wortlos auf die Tafel zeigte: "Mary ist krank. Ich habe einen Test fuer Euch vorbereitet und sehe Euch um 11:00 Uhr. Angie." Nun gut, Tests am Montag morgen waren wir ja gewohnt, also machten wir uns frohgemut ans Werk. Angie unterrichtet normalerweise die angehenden Lehrer, so dass der Unterricht mit ihr kurzweilig und interessant war. Es hiess, dass Mary am Mittwoch zurueck sei, also machten wir uns erstmal keine Gedanken.

Dienstag morgen betrat ein neues Gesicht unser Klassenzimmer. Da Angie sich wieder um die angehenden Lehrer kuemmern musste, hatte man Christine als Ersatz auserkoren. Vom Aussehen erinnerte sie mich ein wenig an Camilla Parker-Bowles vor 10 Jahren, von ihren paedagigischen Faehigkeiten eher an die Steinzeit... Da sie normalerweise die Studenten fuers First Certificate unterrichtet, machten wir gute Mine zum boesen Spiel. Sie hatte tatsaechlich ein paar gute Tipps fuer uns und es war ja nur fuer einen Tag. Mittags hatte sie einen anderen Studenten zu unterrichten, so dass wir wieder einen Test geschrieben haben. So weit so gut.

Bereits leicht nervoes wurden wir, als Christine am Mittwoch morgen erneut das Klassenzimmer betrat. Mary sei immer noch krank, kaeme aber am Donnerstag sicher wieder. Da man uns Mittags nicht schon wieder einen Test in Stillarbeit geben wollte, sollten wir um 13:00 Uhr Sandro bekommen, um uns auf den Speaking-Test vorzubereiten. Was man uns verschwieg war, dass Sandro aktuell eine Klasse fuers First Certificate unterrichtet und man uns dort schlicht und ergreifend parken wollte. Ein Blickwechsel zwischen Alexia und mir genuegte um zu wissen, dass das fuer uns beide nicht in Frage kam. Also holten wir uns ein Buch mit "Past Papers" von der Direktorin und versuchten uns alleine in der Vorbereitung. Die gedruckten Anweisungen sind ja klar genug und ein bischen Praxis sollte uns das allemal geben. Am naechset Tag sollte ja Mary zurueck sein...

... dachten wir. Auch am Donnerstag Morgen begruesste uns Christine mit unglueklichem Gesicht. Wahrscheinlich wurde ihr so langsam klar, dass sie uns nun an der Backe haben wuerde und das ihre Faehigkeiten ein wenig ueberstieg. Das war jedenfalls rueckblickend mein Eindruck. Donnerstag morgen merkte ich davon noch nicht viel. Da nicht klar war, wie lange Mary krank bleiben wuerde, begann Christine nun endlich, eine Art Konzept aufzustellen. Sie fragte uns, was wir noch ueben muessten (endlich interessierte sich mal wieder jemand dafuer) und wollte eine Kostprobe unserer bisherigen Aufsaetze haben. Und damit fing das Dilemma an. Ohne die Aufgabenstellung zu kennen, kritisierte sie einen meine Aufsaetze (laut Mary bislang mein bester und ihres Erachtens ein "A"), korrigierte wild Marys Korrekturen (ohne -wie auch ich zunaechst- zu merken, dass sie in Wirklichkeit Mary korrigierte, die wie ich nur in Bleistift geschrieben hatte) und erklaerte mit einem Augenrollen, dass wir noch sehr viel zu lernen haetten. Richtig gut fuer unsere Moral! Schon dort haette ich mich fragen sollen, was das fuer eine Lehrerein ist, die eine Lehrerin korrigiert, die normalerweise die proficiency Studenten unterrichtet. Aber man soll ja ruhig bleiben und schliesslich war alles, was wir wollten, nur ein regelmaessiger Unterricht.

Und dann begann die Sache, ein wenig aus dem Ruder zu laufen. Fuer Mittags hatte man uns wieder eine neue Lehrerin (die vierte diese Woche) angekuendigt. Da die Cambridge-Kurse, jedenfalls so wie man uns das anfangs gesagt hatte, Unterricht immer von 09:00-10:30, 11:00-12:30 und 13:00-14:30 Uhr haben, haette diese Stunde um 13:00 Uhr anfangen sollen. Abweichend davon hatten die anderen Klassen an dem Tag die letzte Pause zwischen 13:00 Uhr und 13:30 Uhr, da diese noch Unterricht vom Montag nachzuholen hatten. Christine packte also frohgemut um 12:30 Uhr ihre Sachen ein und wir warteten bis 13:15 Uhr vergeblich auf unsere neue Lehrerein. Schliesslich ging ich zur Direktorin und fragte, ob man uns vergessen hatte. Was folgte war eine Endlos-Diskussion ueber Unterrichtszeiten, ausfallende Worte mit anschliessender Entschuldigung seitens der Direktorin (die anscheinend von Mary nicht ueber die uns von Anfang an mitgeteilten abweichenden Unterrichtszeiten informiert worden war) und die berechtigte Frage (der Direktorin), warum Christine uns nicht bis 13:00 Uhr unterrichtet hat, "da sie ja die normalen Unterrichtszeiten kennt". Die abschliessende Frage, ob wir Christine als Lehrerin behalten wollten, hatte fuer mich zu dem Zeitpunkt nur rhetorischen Charakter, so dass ich sie wahrheitsgemaess und ohne nachzudenken mit Ja beantwortete. Alles, nur nicht schon wieder eine neue Lehrerin. Trotz ihrer paedagogischen Defizite hatte sie uns schliesslich etliche wertvolle praktische Tipps fuers Examen geben koennen.

Als ich zurueck im Klassenzimmer war, hatte Fred schon mit dem Unterricht angefangen. Sie ist aus Bristol, teilweise etwas schwer zu verstehen aber ansonsten schwer in Ordnung. Und sie sollte unsere Lehrerein bleiben, da Christine am Freitag morgen das Handtuch warf, nachdem ich ihr (auf ihre Aufforderung) von der Diskussion mit der Direktorin am Vortag berichtet hatte. Fuer mich kam das ziemlich ueberraschend und unverstaendlich (denn ich hatte tatsaechlich kein einziges negatives Wort ueber Christine von mir gegeben), aber ich gehe inzwischen davon aus, dass die Frage der Direktorin vom Vortag darauf abzielte, dass Christine sich ueberfordert gefuehlt hat und man ganz simpel einen Grund brauchte, uns einen neuen Lehrer zu geben.

Fazit: Wie ich schon von anderen Studenten gehoert habe, hat die Schule deutliche organisatorische Defizite wenn etwas nicht ganz wie geplant laueft. So scheut man sich, wie mir von mehreren Studenten unabhaengig voneinander berichtet wurde, z.B. in den "normalen" Kursen nicht, Studenten ganz offensichtlich in das falsche Niveau einzustufen, um Klassen vollzubekommen oder Ueberhange zu vermeiden. Wenn Studenten das bemerken werden sie mit dem Argument ruhiggestellt, dass sie erstmal den Rest der Woche abwarten und sich alles in Ruhe anschauen sollen. Da viele nicht ausreichend Englisch sprechen koennen, bleibt es dann dabei.

Ergo: Versucht Euch in jedem Fall schon vor Eurem Aufenthalt darueber klar zu werden, in welchem Niveau Ihr seid. Ach ja: Und es gibt hier Konversations- und Grammatikkurse, etwas, was Euch auch nicht gleich auf die Nase gebunden wird (man will schliesslich keine zwei halbvollen Klassen). Also ueberlegt Euch auch vorher, wo Ihr Euren Schwerpunkt setzen wollt. Wenn Ihr etwas zu beanstanden habt, macht es gleich und deutlich. Das mag zwar fuer die Direktorin oder den einen oder anderen Lehrer etwas unangenehm sein, aber schliesslich ist es Euer Geld, das sie verdienen.

Wir haben jedenfalls seit Freitag vormittag eine neue Lehrerin. Fred legt sich richtig fuer uns ins Zeug, um die verschwendete Woche zumindest halbwegs zu kompensieren. Sie ist bodenstaendig, paedagogisch wertvoll und sie kann zuhoeren! An ihren Dialekt gewoehnen wir uns langsam. Wir werden sie wohl bis zum Ende behalten, denn wie wir heute erfahren haben, liegt Mary im Krankenhaus und es ist derzeit nicht absehbar, wann sie entlassen wird.
Auch wenn ich Mary vermisse und ihr alles Gute wuensche, meine Laune ist spaetestens seit heute wieder ganz oben. Das Wetter ist wieder besser, unsere Lehrerein spitze und ich habe heute einen "beeindruckenden" Aufsatz zurueckbekommen. Was will man mehr?

Mittwoch, 13. Februar 2008

Freitag, 08.02. Urlaub im Urlaub

Mary wollte fuer ein verlaengertes Wochenende in ihre alte Heimat England, so dass wir die Wahl hatten, einen Vertretungslehrer zu bekommen oder den Tag in der letzten Woche nachzuholen. Wir entschieden uns fuer Letzteres und hatten dadurch einen Tag "holiday"!

Den Vormittag nutzte ich, um endlich meine Waesche wegzubringen und danach dem Palazzo Parisio in Naxxar einen Besuch abzustatten. Der Waschsalon hier ist echt praktisch, da man nicht die ganze Zeit neben der Maschine sitzen muss sondern ein freundlicher Bediensteter die Arbeit fuer einen erledigt. Ein paar Stunden spaeter kann man die saeuberlich zusammengelegte Waesche sauber wieder mitnehmen und sich (gegen einen geringen Aufpreis) sogar buegeln lassen.

Der Palazzo Parisio ist eine beeindruckende Wohnresidenz aus dem 18. Jh. mit einem wunderschoenen Barockgarten. Marmor, Moebel und (Moreno-)Glas wurden allesamt aus Italien eingeschifft. Ungluecklicherweise erlitt der stolze Erbauer auf der Eingangsschwelle einen Herzinfakt, gerade als er mit seiner Frau das neue Domizil beziehen wollte. Sie zog es daraufhin vor, doch in ihrer alten Residenz zu bleiben, so dass der Palast nie wirklich bewohnt wurde.

Mittags zogen dunkle Wolken auf und es begann, fuerchterlich zu regnen und zu stuermen. Schon seit Aschermittwoch war es deutlich kuehler geworden, so dass wir nun letztlich doch noch unsere Schlechtwetterfront bekamen, die (fast) den gesamten Januar ausgeblieben war. Ich machte gute Mine zum boesen Spiel, liess mein schickes Kleid zu Hause (es war wirklich nichts fuer kurze Aermel) und ging in abends in "normalem" Outfit ins Manoel Theater - wie auch Sylvia und Maria (warum habe ich nur meinen Blazer zu Hause gelassen?). Unsere Entscheidung erwies sich als goldrichtig, das das Theater offensichtlich nicht geheizt wird.

Das Stueck selbst war klasse. "Glourious" handelt von der wahren Geschichte der amerikanischen Sopranistin Florence Foster Jenkins, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts grossen "Ruf" erlangte und regelmaessig vor ausverkauften Haeusern (zuletzt sogar in der Carnegie Hall) spielte - obwohl sie keinen Ton so wirklich traf... Das Stueck war super umgesetzt und die Hauptdarstellerin wirklich brilliant - wir haben Traenen gelacht. Anders als bei Shakespeare war die Sprache modern und daher gut zu verstehen, nicht zuletzt Dank der klaren Aussprache aller Schauspieler. Ich bin wirklich froh, dass wir uns diesen Theaterbesuch gegoennt haben.